Laudatio zu unserem 75 jährigen
75 Jahre Roahser Jonges

Wer erinnert sich nicht an den TVR im Jahre 1910? Sie? Nein? Ich auch nicht! Von den Gründungsmitgliedern kann aus verständlichen Gründen heute keiner anwesend sein, so wie bei Miss Sophie und ihrem Butler James, die im übrigen vor ein paar Jahren hier auf der Bühne in Gestalt von Dirk Mangold und Uli Dahm zu Gast waren. Ich erzähle von Ihnen und möchte euch den Werdegang der KG Roahser Jonges 1936 e.V. etwas näher bringen, Historisches und Außergewöhnliches aber auch ein paar lustige Öperkes.

Als heute älteste Karnevalsgesellschaft, so wie die Roahser selbst recherchiert haben, doch ich erwähne das nur ungern, als zweit älteste Gesellschaft natürlich nach der Prinzengarde der Narrenherrlichkeit Viersen aus dem Jahre 1926, habe die Roahser ihre Wurzeln nie abgetrennt, sie sind ausschließlich mit dem Rahser verbunden, aber feiern natürlich in der ganzen Stadt.

Alles fing im Jahre 1910! Ihr hört richtig, 1910 an, als TVR, und da sind die Kürzel wieder, sie stehen für Turnverein Viersen Rahser, daraus wurde dann später, nämlich im Jahre 1936 offiziell die Karnevalsgesellschaft Roahser Jonges 1936 im Tuspi, von diesem Zusatz Tuspi trennte man sich aber schon 1965, leider war nicht so richtig zu ermitteln warum, doch ich denke einfach dass der Name einfach und schlicht zu lang war.

Ein Mann der die Geschichte der Roahser Jonges angeschoben hat, der einen Umzug im Rahser noch im Gründungsjahr auf die Beine gestellt hat, war der Gründervater Franz von der Maßen. Ihm hat man hier im Rahser Karneval viel zu verdanken, er war kein Mann der leisen Worte, er war ein Pack an! Ein Mann dem man gerne zuhörte und dem man glaubte was er sagte, so ließ er den Aufruf los einen Prinzen im Rahser zu suchen, der natürlich den Schluß des ersten Zuges bilden sollte, auf einem eigens dafür gebauten Wagen. Der Prinz wurde natürlich schnell gefunden, es war Walter I. bürgerlich Reuter, ohne Prinzessin aber mit kleinem Hofstaat, und dieser Hofstaat hieß natürlich wie es zu einem Prinzenspiel gehört – Prinzengarde, und jetzt werdet ihr überrascht sein – die Prinzengarde der Roahser Jonges wird ebenfalls 75 Jahre jung, aber zu der komme ich später noch einmal. Zurück zum ersten Prinzenspiel von Walter I im Jahre 1936, Franz van der Maßen als Präsident fand einen Prinzen, es bildete sich eine Prinzengarde, und was fehlte? Richtig! Ein Tanzmariechen! Doch ehrlich? Wer wollte als Frau freiwillig bei diesem Spiel mitmachen? Keine fand sich, sehr zum Leidwesen aller Karnevalsjecken. Doch dann kam die Erlösung, die Idee, es muss ein Mann in das Mariechenkostüm! Die Wahl fiel auf Ernst Hummen, genannt die Humme – Wursch! Und natürlich kann man sich heute noch gut vorstellen welche Reaktionen das Erscheinen dieses grazilen Marichens hervorriefen! Es war eben Karneval – und da war viel erlaubt….

Die damaligen Vereinsfarben waren nicht wie heute rot weiß, sondern Grün Weiß, so wie auch die Uniformen der Prinzengarde. Damals konnte man sich recht wenig anschaffen, also wurden die Uniformen geliehen und man hatte wenig Auswahl – Mann nahm was Mann kriegen konnte – außer einem weiblichen Mariechen! Der Elferrat lieh sich ebenfalls alle Uniformen aus und bastelte Papiermützen mit denen man auf der Bühne saß.

Dann kam der Krieg und an Karneval war nicht mehr zu denken – wir machen also einen Sprung ins Jahr 1954, ein wichtiges Datum, wenn nicht das wichtigste Datum in der Geschichte der Roahser Jonges nach dem Kriege. Die KG beteiligte sich am „Fest der guten Nachbarschaft“, eine Veranstaltung in Viersen, welche Versöhnung mit den Nachbarländern nach dem Krieg wieder auf einen guten Weg bringen sollte. Gerne organisierte man dieses Fest mit und da es im Winter stattfand, war klar, Karneval sollte von nun an wieder einen großen Stellenwert in Ihrer Sektion haben. Karneval als Ventil der Menschen die einmal wenn auch nur wenige Stunden nicht mehr an die Alltagssorgen denken sollten. Dieser Gedanke darf im Karneval nie vergessen werden, er sollte immer über dem Kommerz stehen.

Zurück im Jahre 1954, das Fest war organisiert, aber die Würze fehlte noch! Was sollte man machen um den Rahser Karneval nachhaltig zu beleben? Das erste Kinderprinzenpaar wurde auf diesem Fest gekürt, Hansi I. bürgerlich Haas und Irmgard I. bürgerlich Nilkes. Das fest wurde zu einem rauschenden Erlebnis und so war klar, dass Kinderprinzenpaar auch im Festzug zu präsentieren und so die Farben des Roahser Karnevals zu zeigen. Einen Festausschuß gab es zur damaligen Zeit noch nicht, einen Stadtzug ebenfalls noch nicht, aber hier im Rahser rollte der Zug sehr zur Freude aller. Natürlich war klar, nur einmal so ein Kinderprinzenpaar zu stellen und zu küren war zu wenig. Es war die Geburtsstunde des Kinderkarnevals in Ganz Viersen und fortan hatte die Stadt ein Kinderprinzenpaar. 1955 gab es dann die erste Kinderkarnevalssitzung auf der man dann das neue Paar inthronisierte. Zwei entscheidende wichtige Männer seinen an dieser Stelle besonders erwähnt, Josef Nilkes, er wurde für seine Verdienste später zum Ritter der Ritterschaft der Silbernen Mispelblüte geschlagen, und Hanns Seidler, genannt Seidler Papp! Sie waren quasi die Hebamen des Kinderkarnevals, ohne sie wäre vielleicht der Karneval für die Kinder in unserer Stadt aber besonders hier im Rahser nie so groß geworden. Nicht vergessen will ich natürlich Theo Ilgner, Albert Riether und Maria Deckers, sie haben sich ebenfalls für die Kinder eingesetzt, auch damals, oder grade damals ging es nicht ohne ehrenamtliche Helfer, die wie man liebevoll sagt, den Pfeil im Kopf für den Karneval haben.

Ich schlage nun das nächste, das vielleicht spannendste Buch der Roahser Jonges auf, die Ära Willi Tillmann, 29 Jahre leitete er als 1. Vorsitzender die Gesellschaft, ihr Leben und Ihr Überleben. Als er den Vorsitz in meinem Geburtsjahr 1961 übernahm, entstand gleichzeitig auch der Posten des Sitzungspräsidenten, da Willi diese Position und Funktion unter gar keinen Umständen auch noch ausüben wollte. Plötzlich standen also auf der Bühne der 1. Vorsitzende und der Präsident, den Anfang machte der in Viersen und darüber hinaus bekannte Theo Sillekens, damals waren die Sitzungspräsidenten mehr als nur die die durch die Sitzung führten, sie waren eigene Programmpunkte mit viel Witz und Humor, dazu gehörte sicherlich Theo Sillekens, er sorgte für Stimmung schon bevor der erste Künstler auf der Bühne stand, selbstredend wurde er später auch Ritter der Silbernen Mispelblüte als Ritter Theo, de-ä He-är mit dem Melonenhaupt, da die Melone zu seinen Auftritten gehörte. Doch Theo nahm sich schnell schon einen zweiten Präsidenten mit auf die Bühne, unvergessen und legendär, Hans Fleuth, der besonders den jungen Künstlern auf und bei den Kindersitzungen die Nervosität zu nehmen wusste.

Die Ära Tillmann aber ist geprägt von zwei Öperkes die ich nicht unerwähnt lassen möchte, Willi, ein echter Ostpreiße aus Königsberg, ein Mann ohne Furcht und Tadel und ohne richtiges Hochdeutsch. Er hat versucht Wilfried Hummen etwas zu sagen als er den Vorsitz übernahm, er wollte nur das Wilfried alles so machte wie er früher, als flüsterte er unserem und eurem Wilfried etwas zu, und wenn es Wilfried nicht in den Kram passte, konnte er prima behaupten: Willi, ich kann dich nicht verstehen oder ich hab das anders verstanden. So konnte Wilfried seinen Stil durch bringen und Willi hatte immer das Gefühl noch dabei zu sein und die Richtung vor zu geben.

Auch sind seine Vorstandssitzungen unvergesslich, man traf sich fortan im Garten Tillmanns, in einem Häuschen, man nannte es liebvoll Peperkukehüsken, es sah wohl so aus wie das in Hänsel und Gretels Märchenwelt. Wilfried Hummen und Hans Fleuth sowie der ehemalige Boxer und euer Mitglied Peter Tillemanns waren oft zu den Sitzungen zu Gast, und es gab keine, wirklich keine Vorstandssitzung die nicht mit Striet begann, hier soll unter anderem die Geburtsstätte des Ausspruchs Karneval ohne Striet is Driet gewesen sein, das konnte mir aber Wikipedia nicht bestätigen. Wilfried hatte oftmals Angst dass man sich dort erstmal einen einfangen muss bevor über den Karneval geredet werden konnte. Doch wie durch ein Wunder war nach 5 Minuten kabbeln alles wieder gut, keiner verlor jemals einen Zahn und man ging zur Tagesordnung über.

Die Ära Tillmann ging dann 1990 zu Ende und Wilfried Hummen übernahm nicht nur das Amt des 1. Vorsitzenden sondern auch die Geschicke auf der Bühne als Sitzungspräsident bis ins Jahr 2001. Doch seine große Leidenschaft war der Kinderkarneval, als Lehrer hatte er ja Zugriff auf viele Kinder, und Hummi brachte sie fast alle zum Roahser Kinderkarneval, vor und auf die Bühne. Viele Stars hat er hervorgebracht, die Liste vorzulesen dauerte sicherlich zu lange. Seit 2001 kümmerte er sich dann ausschließlich um seine Kinder, was der Ritterschaft der Silbernen Mispelblüte nicht verborgen blieb, und Ihn 1987 bereits zum Ritter schlug, als Ritter Wilfried, Rektor Pfiffikus, Domherr aller Rahser Spatzen.

Seit seiner Ära hat nun Wolfgang Genenger das Steuerrad in der Hand und fährt das Rahser Narrenschiff durch die Narrenherrlichkeit Viersen, als erster Vorsitzender und Sitzungspräsident, unterstützt von seinem Vize Uli Dahm, als Stellvertreter und manchmal auch als Sitzungspräsident wenn Wolfgang es zulässt. Scherz beiseite, das Schiff der Roahser Jonges ist in guten Händen und feiert in diesem Jahr mit diesem Frühschoppen ihr 75 jähriges Bestehen. Ein großes Programm wartet noch auf Euch, deshalb komme ich zum Schluß meiner Laudatio noch auf die Prinzengarde zu sprechen, deren Kommandant Napoleon Dirk Gerhards ist, nicht wegen seiner Hand in der Jacke, sondern eher wegen seiner Größe, nicht wegen seiner Länge, den Dirk ist ein Großer, einer der die Interessen der Garde vertritt und mit seinem Ehrenkommandanten Juppi Kohnen alles für ihre Mädels und Jungs gibt, sogar wenn es sein muss das letzte Bier. Im vergangenen Jahr verstarb einer der ganz Großen der Prinzengarde im Rahser, Peter Tillemanns, er war Gardemitglied seit 1948 und ebenfalls Ehrenkommandant.

Die Förderung des Kinderkarnevals liegt den Roahser Jonges wie so häufig bereits erwähnt am Herzen, 2 Kindernachmittage finden daher hier im Notburgasaal neben den beiden Galasitzungen statt. Gerne besuche ich diese Sitzungen und erfreue mich an Hoppereitern, Tanzmariechen die wie wild über die Bühne flitzen, ausflippende Sänger und Sängerinnen, Kindergarde und Ballett sowie ein nervöses aber herzliches Kinderprinzenpaar. Um dieses Brauchtum weiter zu stärken und um in die Zukunft zu investieren hat man einen Förderverein gegründet, dem ich nun mit diesem Antrag beitreten werde. Dem Förderverein und ihren Mitgliedern wünsche ich ebenfalls alles erdenklich Gute bei der Durchführung ihrer Aktivitäten.

Weitere Gruppen darf ich an dieser Stelle nicht vergessen, den Elferrat meine ich natürlich, dann immer wieder mit neuen Ideen und viel Schwung die Gruppe der Elferratsfrauen, die Roahser Sänger die gerade in diesem Jahr wieder schöne alte Melodien ausgepackt haben und die netten tanzenden Mädels, die Roahser Mädches. Eine Gruppe aber liegt mir immer am Herzen, als Senatspräsident bin ich froh dass ihr so aktiv dabei seit, die wahnsinnig schöne Gruppe der Roahser Möhnen, einen Altweiber ohne sie wäre in Alt-Viersen nicht denkbar.

Nun aber will ich zum Ende meines kleines Ausflugs in der Geschichte und der gegenwart der Roahser Jonges kommen, doch halt, ich frage mich seit Jahren woher das Ramm die Bamm kommt? Ich habe ein wenig recherchiert und hoffe meine Quellen sind zuverlässig.

Ramm die Mamm habe ich früher immer aus dem Spruch im Notburgasaal raus gehört, aber Hallo, wieso die Mamm rammen? Das konnte also nicht sein! Stadtgeschichte sei Dank, ich konnte folgende Geschichte lesen und auch hören.

Es begab sich aber zu der Zeit, als die Firma Pongs und Zahn an der Sittarderstrasse ihren ganzen Einfluss in der Stadt geltend machte und verlangte von ihr, endlich die Strasse zu asphaltieren, unmöglich sei der Zustand der Strasse, und man würde seitens der Stadt das Rahser immer benachteiligen, Loch an Loch, fast so wie heute nach der Eiszeit sahen unsere Strassen aus, man rammte in ein Loch ins ein weiteres Loch und so weiter, nun aber bekam die Strasse eine neue Decke und der Vierscher Büttenredner Erich Classen reimte danach in seiner Rede: Ramm die Bamm, Ramm die Bamm, im Roahser ham’ se Makadam!

Und so kann oder soll die Geschichte des Schlachtrufes der Roahser Jonges von 1936 gewesen sein, darum ruft mit mir aus, herzlichen Glückwunsch zum 75 jährigen Bestehen, euch allen eine gute und erfolgreiche Zukunft und noch eine schöne Session 2010/11.

Auf alle Narren im Saal 3 moal Ramm –

Und natürlich 3 x Viersche –

Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit

Senatspräsident
Frank Schiffers